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Wiedergutmachung für psychiatrische und therapeutische Gewalt

Wiedergutmachung für psychiatrische und therapeutische Gewalt

Andere: eigene Erfahrung
Soziales & Gesellschaft

Es ist der falsche Zeitpunkt, sich jetzt anzuhören, welche Themen den "psychisch Kranken" wichtig sind. Denn die Forschungsagenda des DZPG steht schon mehrere Jahre fest, siehe z.B. Meyer-Lindenberg et al. (2023) in Nature Mental Health. Zum anderen sind die, die jetzt vermeintlich unsere Meinungen einbeziehen auch die, die uns Jahrzehnte aus der Wissensproduktion ausgregrenzt und zum Objekt gemacht haben. Dafür gab es bislang keine Entschuldigung. Die "Einbeziehung" muss über bloße Meinungsabfrage und Partizipation hinausgehen. Es muss ein beträchtlicher Teil des Budgets für betroffenenKONTROLLIERTE Forschung bereitgestellt werden. Deutschland ist anderen Ländern hier 30-40 Jahre hinterher. Dafür gibt es keine Ausreden und das DZPG will ganz offenbar auch keine Betroffenenkontrolle.
Zum Forschungsthema: Menschen erfahren im Hilfesystem Gewalt durch Institutionen und Psych-Tätige. Alleine im Jahr 2022 [entfernt von Moderation wegen fehlender Quellenangabe]. Die Leitlinien zur Deinsitutionalisierung der Vereinten Nationen (2023) verpflichten die Staaten zu Entschädigungen. Forschung hierzu kann umfassen, zu fragen:
- Was sind die Formen und Mechanismen psychiatrischer und therapeutischer Gewalt?
- Wie wirken sie sich auf das Leben von Menschen aus?
- Welche Arten von Wiedergutmachung/Entschädigung wollen Überlebende?
Diese Forschung muss von Überlebenden geleitet werden. In Victoria, Australien gab es bereits ein Vorreiterprojekt (Lived Experience Justice).

Kommentare

Gespeichert von PsychKomplexEx am Do., 07.03.2024 - 21:44

Die Zahl der Psychiatrie-Toten stammt aus der Bundesstatistik, konkret der Fachsere 12/6/1/1 Grunddaten der Krankenhäuser. Die Daten für 2022 können tabellarisch heruntergeladen werden: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Kranke…
Die Sterbezahlen sind in Tabelle 23111-10. In der Erwachsenenpsychiatrie sind 2022 demnach 2.770 Menschen gestorben und in der KJP zwei. Die die Sterberate (Sterbefälle relativ zu den Behandlungsfällen) ist seit 2011 um 80% gestiegen. Das können Sie nachrechnen.

Gespeichert von MadAndTiredDaisy am Fr., 08.03.2024 - 18:08

Dann wäre die Forschungsfrage doch: (wie viele) Menschen sterben in und an Psychiatrie? Wie und woran genau sterben Menschen in Psychiatrie, welche Faktoren spielen eine Rolle?
Welcher Teil des forschungsbudge wird von betroffenen kontrolliert bzw für betroffenenkontrollierte Forschung zur Verfügung gestellt?

Wie viele Menschen in der Psychiatrie sterben, sind öffentlich zugängliche Daten. Die Moderation hat meinen ersten Kommentar mit den Quellenangaben nicht veröffentlicht [Anmerkung der Moderation: wurde mittlerweile veröffentlicht. Hat sich zeitlich überschnitten]. Das Problem der Forschung über Todesfälle in der Psychiatrie DURCH Psychiater*innen ist der Interessenkonflikt, vergleichbar mit dem Interessenkonflikt bei der Ermittlung von Todesfällen in Polizeigewahrsam/bei Polizeieinsätzen durch die Polizei selbst. Das heißt, die Forschung darüber muss von denjenigen geleitet werden, die ein eigenes Interesse haben, in der Psychiatrie nicht zu sterben: Psychiatrie-Betroffenen.
Welcher Teil des Forschungsbudgets von Betroffenen kontrolliert wird, ist eher eine administrative Frage. Diese Frage sollten die Verantwortlichen des DZPG beantworten. Doch allein die Etablierung eines "Trialogischen Zentrumsrats" lässt erahnen, dass die Betroffenen nichts kontrollieren. Sie dürfen ein bisschen mitmachen. Es gibt keinen Betroffenenrat und keine Betroffenen-Forschungsgruppe innerhalb des DZPG (s. die Websites d. DZPG und der Standorte). Auch das künstliche Binär "der Betroffenen" vs "der Wissenschaftler*innen" wirkt sozusagen präventiv gegen tatsächliche Betroffenenkontrolle. Denn "echte Forschung" (für unechte Forschung dürfen keine Forschungsgelder ausgegeben werden!) dürfen eben nur "echte Wissenschaftler*innen" machen - die müssen also in leitender Funktion immer mitreden. Für Personen mit wissenschaftlicher Ausbildung ist es karrieregefährdend, sich als Betroffene zu outen.

Gespeichert von PsychKomplexEx am Sa., 09.03.2024 - 11:55

Meine Angabe, wie viele Menschen 2022 in der Psychiatrie starben, wurde wegen fehlender Quellenangabe gelöscht. Mein Kommentar mit der Quellenangabe wurde nicht veröffentlicht Anmerkung der Moderation: ist veröffentlicht worden. Hier gab es zeitliche Überschneidungen. Die Moderation ist nicht 24h/Tag tätig]. Die Quelle ist die Statistik des Bundes, konkret die Fachserie 12/6.1.1 Grunddaten der Krankenhäuser. Die Statistik für 2022 kann hier als Tabellendokument heruntergeladen werden: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Kranke…
In der Tabelle 23111-10 finden sich in der dritten Spalte von rechts die Patientenabgänge durch Tod. 2022 sind in der Allgemeinpsychiatrie 2.770 Menschen gestorben und in der KJP zwei. Die Statistiken für die Jahre bis 2020 sind hier zu finden: https://www.statistischebibliothek.de/mir/receive/DESerie_mods_00000124
Nachrechenbar ist: Die Todesrate (jährliche Todesfälle relativ zu Aufnahmen) in deutschen Psychiatrien ist seit 2011 um 80% gestiegen. Die absolute Zahl hat sich seit 2011 um mehr als 1.000 Menschen pro Jahr erhöht. Selbstverständlich ist die Frage nach den Todesursachen wichtig. Aber nicht um Psychiatrie aus der Verantwortung, sondern in Verantwortung zu nehmen.

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